janne on line
So. Nun geht´s ans Eingemachte ;-) Überleben. Zuallerst: unser deutscher und auch "internationaler" Führerschein wird in China nicht anerkannt. Wer schonmal in China war, möchte aber auch nicht unbedingt verantwortungspflichtig am Verkehr teilnehmen. In diesem Teil der Welt ist ein Fahrzeug ohne Hupe und Bremse ein wirtschaftlicher Totalschaden. Zwar ist Hupen verboten, aber gedrängelt und abgedrängt wird hier durchgängig. Da kann es doch mal passieren, dass der eigene Bus über eine Verkehrsinsel versucht, eine rote Ampel und ein paar wartende Autos oder andere Busse zu überholen. Hier wird dann auch ganz schnell das größte Problem eines Fußgängers deutlich: wir haben keine Hupe!! Darum nun ein paar wichtige Grundregeln, um im chinesischen Straßenverkehr möglichst lange am Leben zu bleiben:
1. Ampeln, auch sonstige Verkehrszeichen jeder Art - sogar Verkehrsinseln - sind eher Richtwerte. Unabhängig davon, ob mit Motorrad, Auto oder Bus am Straßenverkehr teilgenommen wird.
2. Eine grüne Ampel bedeutet nicht automatisch auch, dass man als Fußgänger gehen sollte. Es bedeutet auch nicht, dass man als Autofahrer nur bei grün fahren darf.
3. Möchte man eine Straße überqueren und sichtet neben einer CountdownAmpel einen Zebrastreifen, ist größte Achtung geboten! In China wird nicht für Fußgänger gebremst. Nur eventuell für Ausländer, weil der Fahrer eh grad langsamer wurde, um neugierig zu gucken.
4. Auch wenn man auf dem Gehsteig echt eklige Abprodukte des menschlichen Daseins finden kann, sollte der eine oder andere Blick auch mal nach unten gehen. Hier fehlen häufiger mal Gullideckel, die kreativeste Absicherung [und eigentlich auch die einzige, ausser nem funktionierenden Gullideckel] war bisher ein Baum. Vielleicht als Kletterhilfe, falls man doch reinfällt. Neben einem verdammt beschleunigten Besuch der Kanalisation ist aber auch das Gegenteil vom Loch auffindbar. Häufiger liegen mittelkleine bis findlingsgroße Steinbrocken auf dem Gehweg. Einfach so, oder vielleicht aber auch nach FengShui ausgerichtet. Man weiß es noch nicht.
Nun zum versprochenen Zebrastreifen. Er gilt eigentlich nur als Treffpunkt für Fußgänger, die gerne eine dichtbefahrene bis zu achtspurige Straße überqueren wollen. Wenn genügend Menschen versammelt sind, kann man es wagen, als Pulk den Verkehr aufzuhalten. Ist man nur zu dritt, sollte man einfach schneller sein. Bei Zebrastreifen kann am Ende des achtspurigen und adrenalinlastigen Überlebenskampfes auch einfach mal der Zebrastreifen an einem Zaun oder in einer Hecke enden. Manchmal [so wie auf dem Foto] ist er auch durch einen Zaun beidseitig gut gegen unbefugtes Betreten abgesichert, dass man ihn als Fußgänger eher nicht erreichen kann.
Die beste Methode ist wirklich die Schwarmmethode. Die funktioniert nur hier. Ob mit dem Auto, im Busgedränge - oder auf ner Rollschuhbahn, es gibt so ein kuhles, beeindruckendes Schwarmverhalten, dass kaum etwas passiert!! Also doch besser mal mitlaufen :-)
Mitten in diesem Bild entdeckt man mit Phantasie einen verloren gegangenen Fußgänger. Tja, selbst Schuld - hat den Schwarm verlassen.
Arbeits- und Verkehrssicherheit wird auf jeden Fall groß geschrieben. Nur nicht so sehr hier. Der erkennbare Bauarbeiter buddelt grad fleißigst in der Straße. Keine Absperrung oder Hinweise. Aufgenommen hab ich dieses Bild von der sechsspurigen Straße daneben - bedeutet: wer in seine Straße fährt, hat nebenbei echt Speed drauf...er sieht allerdings schon eher älter aus, scheint also schon lange gut zu gehen.
In diesem Sinne: der Mensch ist wohl das einzige Lebewesen, das es darauf anlegt, sich ständig eine noch feindlichere Umgebung zu schaffen...
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OW (Donnerstag, 10 März 2011 15:42)
Coole Verhaltens-Regeln. Das ist mir wohl entgangen in Asien ;) Toll geschrieben. Hast Du viel Zeit oder schläfst Du wenig. Sammele Deine Eindrücke ich wünsche Dir viel Spaß. Hast Du feste Skyp-Zeiten? Wenn ja, wann. Also Rejane gib immer schön acht beim Verkehr. Du Ex-Nordlicht vom Wieder-Nordlicht Wilfried
Mankenntmich (Freitag, 11 März 2011 16:02)
Die Baum im Gulli-Erzählung hat mir am besten gefallen :D. Und deine Erklärungsansätze dazu waren vermutlich nicht einmal abwegig.
Ich freue mich auf jeden Fall noch viel viel mehr hiervon zu lesen und den ein oder anderen unterschwelligen sarkastischen Akzent in den Ausführungen zu finden.
Ich hätte eine Idee, wie du China etwas von dem zurückgeben könntest, was du dort bekommst: Stell dich mit einer Tafel auf irgendeinen Platz und verkünde prophetisch die Einführung von Sicherheitsrichtlinien. Etwas Ähnliches hat man schon früher versucht, es waren eher ethische Grundsätze zum gemeinsamen Zusammenleben. Was jetzt draus geworden ist nennt sich glaube ich Rebellion oder so ... hm...ah ja, Religion. Nur den Burschen hatte man, seiner revolutionärer Gedanken wegen, an gekreuzte Holzbalken gefügt. Hoffe, dass die Gesellschaft weiter ist, wenn du es mit etwas einfacherem versuchst :).
Ganz liebn Grußz