Unser längster Ausflug bisher ging nach Qufu. Dort wurde vor sehr langer Zeit Konfuzius geboren. Damals hat ihn allerdings noch keiner gemocht - das kam erst viel später. Nebenbei wohnte im 17km entfernten ZouCheng nur ein paar Generationen später ein Mann namens Menzius. Er gilt als der zweitwichtigste Denker Chinas - und darum haben auch nur diese beiden Herren die Ehre bekommen, einen lateinischen Namen annehmen zu dürfen. Sonst hießen sie weltweit KongZi und MengZi.
Nach langer Zugfahrt ging es am ersten Tag aber erstmal - zum Essen! Und das war bestimmt das krasseste, was ich bis dahin erlebt habe. Ich hätte nie gedacht, dass man soviel Leckereien auf einen Tisch bekommt - und ich denke, selbst die Kellner waren überrascht...Sehr sehr lecker - und somit sehr sehr gesättigt ging es zur ersten Sehenswürdigkeit [nach dem Essen!] in der Nähe von YanZhou. Das Grab des Lieblingssohnes des ersten Kaisers der MingDynastie. Der wollte unsterblich werden und hat allerhand experimentiert, so dass er recht früh an einer Bleivergiftung starb, was seinen Papa natürlich sehr traurig gemacht hat. Dank bester Gesellschaft bekamen wir sogar Eintritt in die unterirdisch [ca 40m] gelegene Grabkammer.
Wieder draußen war aber doch schöner. Und so hatten wir noch Zeit uns der nach FengShui hergerichteten Landschaft zu widmen. So gab es also einen Berg im Rücken und einen in der Front des Tempels. Und den im Rücken konnte man auch recht fix besteigen. Nachdem das erste Pagodensättigungsgefühl des Wochenendes eingesetzt hatte, tat das auch ganz gut. Übrigens waren hier gefühlte 35°C. Deutlich mehr also, als im Meerwind-gesegneten Qingdao.
Und so ging es abends natürlich nochmal zum Essen und ins Hotel. Sehr schön, sehr sauber - mit Duschkabine, der ersten seit Monaten! In China duscht man zwar im Bad, aber man ist danach gezwungen alles zu wischen, bzw. das Wasser in Richtung eines meist sehr schlecht gelegenen Abflusses zu fegen. Und nachdem wir nach längerem Spaziergang wieder zurückkamen, fanden wir sogar einen Teller mit frischen Erdbeeren und MiniTomaten auf dem Tisch vor. Hach...wie schön!
Und da wir hauptsächlich zum Essen hier sind, ging es am nächsten Morgen auch mit einem grandiosen Frühstück los! Soviele Leckereien am Morgen - warum sind die Chinesen alle so schrecklich dünn?!?
Aber uns wurde versichert, dass wir diese Stärkung im Laufe des Vormittages noch zu schätzen lernen werden. Denn flugs nach dem Frühstück wurde ausgecheckt und es ging Richtung YiShan. Einem sehr heiligen Berg. Erkennbar immer an großen pomösen Holztoren mit aufwenigen Schnitzereien - und Treppen. Mit Sicherheit ist das chinesische Wort für Klettern das gleiche wie für Treppensteigen.
Über schön gewundene Treppen durch eine perfekte Landschaft mit unglaublichen Aussichten und lustigen Brauchtümern ging es immer höher hinauf. Die roten Bänder an den Bäumen sind Wünsche, die dort platziert werden. Und der große Stein auf dem viele kleine Steine liegen ist ebenfalls fester Bestandteil des interessanten Glaubens. Bleibt der von einem Mann im fortpflanzungsfähigen Alter geworfene Stein oben auf liegen, wird das erste Kind ein....Junge! Natürlich! Übrigens kommen heute schon auf 100 Mädchen 116 Jungs - aber darüber spricht man noch nicht.
Und als man sich gerade an das spaßige Treppensteigen gewöhnt hat, folgte eine weitere Überraschung: kurz vor dem Gipfel endete die Treppe und Schlangestehen war angesagt. Eine gefühlte Stunde später ging es weiter. Und schnell wurde klar, warum. Die letzten Meter sind nur durch eine schmale Felsspalte erreichbar...also geht eine Gruppe hoch, darf die Aussicht genießen, und geht dann wieder runter. Solange müssen die nächsten warten.
Doch was dann folgte hab ich nicht erwartet! Es waren riesige Felsblöcke übereinander getürmt, man musste auf allen Vieren durch die Spalten klettern, meist in die Wand gestemmt, weil der Boden durch jahrhundertelanges Pilgern schon so glatt war. Manchmal ging es unter einem einen, fünfzehn oder direkt hundert Meter in die Tiefe! Sehr genial!! Da ich keine Lust auf Spaltenquetschen hatte, wählte ich den Weg oben über die Brocken, mit mir etwa vier Andere.
Komplett ohne Sicherheitsgefühl ging es dann am Abgrund entlang. An einigen Stellen mussten
Ritzen übersprungen werden, und mit Kopf aus ging das auch richtig gut. Endlich oben angekommen hatte ich den vermutlich höchsten Adrenalinspiegel meines Lebens und Applaus von den mit mir
kletternden Männern sicher. Nun nur noch über eine wackelige Planke und eine gemütliche Stelle zum Ausruhen auf dem Gipfel suchen.
Eine schöne Stelle zum Hinsetzen war auch rasch gefunden, dank der Neigung der riesigen Platten hier oben saß man auch beinahe so aufrecht wie auf einem Stuhl. Ein kleines Bäumchen stand [über eine noch wackeligere Planke erreichbar] auf einem Felsvorsprung, dahinter ging es noch ein Stückchen höher, wir waren auf dem Gipfel der Warmduscher - aber mein AdrenalinMonkey wurde komplett befriedigt, darum konnte ich nun in Ruhe einen Typen beobachten, der sich offensichtlich bis hierhin gelangweilt hat. Flugs am Baum vorbei erklomm er auch die letzten Meter der Felsformation. Und unter den Augen aller sprang er von Stein zu Stein, wobei jeder Sprung von einem Luft-Durch-Die-Zähne-saugen der kleinen Felsenfamilie quittiert wurde. Als er nach mehreren Minuten endlich wieder bei uns war, gab´s anerkennenden und tosenden Applaus. Und irgendwie - Entschuldigung!! - hat er mich an Jens erinnert :-)
Trotz des echt krassen Aufstieges [vor allem im Vergleich zu den Treppen davor] saßen hier ALLE Altersklassen. Unfassbar. Und irgendwie richtig schön. Aussicht genießen, Fotos machen...und anstellen zum Runterklettern. Wieder brav in die Wand stemmen, weil unter einem drei Meter freier Fall in eine Ritze möglich waren. Das war so ziemlich das Kuhlste, was ich bisher in China erlebt habe!! Zum Fotografieren war allerdings in den Ritzen keine Zeit, alle Gliedmaßen wurden benötigt! Nächstes Mal mit Helmkamera!
Nach diesem Abenteuer: erstmal Essen gehen! Danach ging es in den Tempel des Menzius, aber nichts konnte mehr die Erfahrung dieses Tages toppen. Übrigens ist unser Fahrer der 72. Nachkomme des MengZi, weshalb er nicht mit in den Ahnentempel wollte, weil der Aufwand für ihn dort zu groß geworden wäre. Immerhin müsste er all seinen Vorgängern gedenken, viel knien, etwas beten und auf jeden Fall irgendwas opfern. So blieb er im Auto. Wir hatten die gesamten vier Tage einen Fahrer. Eine Lehrerin, zwei chinesische Stundentinnen, vier deutsche Studenten und die Mama und die Cousine der einen Studentin und weitere Begleiter wollten transportiert werden. Also gabs den typischen Bus mit getönten Scheiben - allerdings ein neues Modell!
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